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Digital Business

Mit zwei Geschwindigkeiten die Digitale Transformation meistern

5
Minuten Lesezeit
geschwindigkeiten
Christoph Schulte

Um sich zukunftsfähig aufzustellen, gilt es unterstützende Geschäftsprozesse des Bestandsgeschäfts auf die Anforderungen der Zeit anzupassen. Geeignete Maßnahmen sind bspw. der Aufbau moderner Legacy-Systeme oder die Digitalisierung und Automation von Prozessen. Zeitgleich müssen Unternehmen Antworten auf die neuen Player aus den Startup-Ökosystemen finden. Dies erfolgt in der unternehmerischen Praxis durch die Entwicklung des digitalen Neugeschäfts. Dazu werden oft Digital-Abteilungen oder Spin-Offs gegründet, die sich explizit mit der Fragestellung auseinander setzen, welche Potenziale das eigene Unternehmen durch neue digitale Geschäftsmodelle heben kann.

"Um Antworten auf neue Player zu erhalten, explorieren Unternehmen mit Digital-Abteilungen oder Spin-Offs Potenziale für digitales Neugeschäft."

Doch welche Strategie ist die Richtige für Ihr Unternehmen, schließlich gibt es eine Vielzahl, die in der Praxis Anwendung finden? In diesem Artikel werde ich Ihnen zwei Ansätze aufzeigen, die mir bei verschiedensten Unternehmen begegnet sind: Die Strategie der sequenziellen Transformation und die Strategie der zwei Geschwindigkeiten.

Die Strategie der zwei Geschwindigkeiten

Strategie der zwei Geschwindigkeiten

Eine gute Möglichkeit, trotz Umbau der bestehenden Strukturen im Bestandsgeschäft, die Entwicklung des digitalen Neugeschäfts nicht aus den Augen zu verlieren, ist die Strategie der zwei Geschwindigkeiten: Die Strategie der zwei Geschwindigkeiten ermöglicht es, die Entwicklung des digitalen Neugeschäfts nicht aus den Augen zu verlieren, obwohl parallel Strukturen des Bestandsgeschäfts digitalisiert werden. Somit können Unternehmen Antworten auf veränderte Kundenanforderungen finden, ohne auf die Digitalisierung der bestehenden Geschäftsprozesse zu verzichten. Es entsteht durch die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle „on the job” ein digitales Mindset der Belegschaft, das wiederum als Motor für die Digitalisierung des Bestandsgeschäfts agiert.

"In der Strategie der zwei Geschwindigkeiten werden parallel zum Umbau bestehender Strukturen im Bestandsgeschäft Möglichkeiten für digitales Neugeschäft gesucht."

Unternehmen nutzen die Strategie der zwei Geschwindigkeiten bei

  • der Identifikation von Kundenbedürfnissen,
  • der Entwicklung digitaler Produkte und Services sowie
  • dem Aufbau digitaler Geschäftsmodelle.

Diese Bereiche haben entlang des Projektfortschritts nur zu bestimmten Zeitpunkten direkte Interaktionen mit dem Bestandsgeschäft und können daher von Teams separat erarbeitet werden.

Dem gegenüber steht eine niedrigere Geschwindigkeit bei der Weiterentwicklung von Legacy-Systemen, der digitalen Infrastruktur sowie bestehender Geschäftsstrukturen. All diese Aufgaben sind häufig zeitintensiver und bedürfen aufgrund hoher potenzieller Auswirkungen auf das Bestandsgeschäft eine gewisse Sorgfalt, während Unternehmen vom Misserfolg neuer digitaler Geschäftsmodelle schlimmstenfalls wertvolle Erkenntnisse über ihre Zielgruppe gesammelt haben.

Hinsichtlich der Entwicklung von digitalem Neugeschäft in Unternehmen gibt es selten Erfahrungswerte aus vergangenen Projekten. Deshalb scheuen Unternehmen davor zurück, Erfahrungen im Bereich des digitalen Neugeschäfts zu sammeln. Eine Antwort größerer Unternehmen auf diesen Sachverhalt ist die Gründung einer eigenen Abteilung, die auf „der grünen Wiese” strukturiert nach neuen spannenden Geschäftsmöglichkeiten suchen soll. Erkenntnisse und Learnings sollen dann in die Regelorganisation zurückgeführt werden.

"Mittelständische Unternehmen benötigen keine Digital Unit, sondern können durch erfolgreiche Leuchtturmprojekte eine neue Innovationskultur etablieren. Niemand benötigt eine neue Organisationsstruktur."

Für die Realisierung von Geschäfts-, Produkt- oder Serviceideen haben sich diese drei Wege bewährt:

  1. Eine Organisation in der bestehenden Struktur wird mit der Entwicklung der Digital-Lösung beauftragt.
  2. Es wird eine neue Abteilung aufgebaut, die abseits der Bestandsstruktur die neue Digital-Lösung aufbauen soll.
  3. Um die Digital-Lösung nicht mit langsamen Geschäftsprozessen der Regelorganisation zu überfrachten, wird ein Spin-Off als eigenständige Gesellschaft ausgegründet.

So oder so, Unternehmen sollten nicht die Energie eines fokussierten Projektteams aus der Regelorganisation heraus scheuen, wenn es darum geht, neue Geschäftsmöglichkeiten aufzutun. Schließlich geht es bei diesen Teams darum, als Ergebnis neue digitale Produkte am Markt zu etablieren, statt eine neue Abteilung samt Organisationsstruktur aufzubauen. Zudem sind auch motivierte Gründer:innen nur schwer am Markt zu finden.

Die Strategie der sequenzielle Transformation

Strategie der sequenziellen Transformation

In der Strategie der sequenziellen Transformation setzen mittelständische Unternehmen alles daran, zunächst durch geeignete Aktivitäten ihr Bestandsgeschäft zu digitalisieren. Im Rahmen einer Untersuchung des Status quo werden dabei zunächst die Unternehmens-, Prozess- und Aktivitätsebene auf den Prüfstand gestellt und durch Faktoren wie Einsparpotenzial, Möglichkeiten für Prozessautomation oder einer umfangreichen Kosten-Nutzen-Analyse bewertet.

"In der Strategie der sequenziellen Transformation setzen mittelständische Unternehmen alles daran, zunächst durch geeignete Aktivitäten ihr Bestandsgeschäft zu digitalisieren. Erst dann folgt die Entwicklung von digitalem Neugeschäft."

Mit dem Startpunkt der Digitalisierung des Bestandsgeschäfts beginnt auf den Prozess- und Aktivitätsebenen der Aufbau und die Weiterentwicklung der technischen Systemlandschaft. Dazu werden branchentypische Lösungen aus dem Bereich der Standardsoftware eingeführt, um Standardprozesse wie die Buchhaltung zu unterstützen und die identifizierten Möglichkeiten zur Prozessautomation zu implementieren. Da jede Standardsoftware ihre ganz eigenen Grenzen hat, bietet es sich an, mit Hilfe von Individuallösungen eine intelligente Vernetzung der einzelnen Standardsysteme zu erwirken. Diese bietet dann eine gute Basis für neue digitale Produkte und Services verschiedenster Art.

"Weil erst spät in ein digitales Neugeschäft investiert wird, besteht das Risiko, Chancen für digitale Produkte und Services zu verpassen."

Erst mit dem Abschluss der Digitalisierung des Bestandsgeschäfts sowie einer erneuten Betrachtung des Marktumfelds werden Initiativen zur Entwicklung des digitalen Neugeschäfts gestartet. Unternehmen, auf die diese Strategie passt, machen im Vergleich zur Strategie der zwei Geschwindigkeiten nichts falsch. Es besteht allerdings die Gefahr, den richtigen Zeitpunkt für digitale Produkte oder Services zu verpassen, mit denen auf veränderte Kundenanforderungen durch die Digitale Transformation reagiert werden könnte. In diesem Falle lohnt sich ein Blick auf Möglichkeiten nah am Kerngeschäft, die darauf einzahlen bestehende Kunden- und Lieferantenbeziehungen zu stärken oder sich als Teil eines digitalen Ökosystems zu etablieren.

Fazit

Leuchtturmprojekte sind im Mittelstand der beste Weg.
"Wenn Sie bisher aufgrund der Kosten die Entwicklung eines digitalen Neugeschäfts vermieden haben, setzen Sie besser mit einem schlagkräftigen Team auf die Entwicklung erfolgreicher Leuchtturmprojekte, statt auf den Aufbau von Digital Units."

Die Strategie für eine erfolgreiche Digitale Transformation muss besonnen und mit Blick auf das eigene Unternehmen entwickelt werden. Gerade mittelständische Unternehmen mit gewachsenen Legacy-Systemen kann die Digitalisierung des Bestandsgeschäfts vor große Herausforderungen stellen.

Dennoch sind der Erkenntnisgewinn, die Entwicklung eines digitalen Mindsets sowie die Chance auf eine Diversifikation des Bestandsgeschäfts gute Gründe für die Entwicklung von digitalem Neugeschäft. Dafür sollten Sie jedoch nicht direkt die nächste Innovations-Einheit gründen. Ein guter Start für die Umsetzung der Strategie der zwei Geschwindigkeiten ist es, mit einem schlagfertigen Team gezielt nach Möglichkeiten für Neugeschäft zu suchen. Das Ergebnis ist dann ein marktfähiges digitales Produkt mit echten Umsätzen – und keine neue Organisationseinheit.

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